Winterabschlussbericht: Verbraucht HPC-Laden inkl. Vorkonditionierung wirklich mehr Strom als AC-Laden?

  • Wie der eine oder andere weiß bin ich Vielfahrer und lade ausschließlich öffentlich. Das hat dazu geführt, dass ich auf den rund 18.000km über den Winter über 130 Mal am HPC-Lader geladen habe, fast immer mit Vorkonditionierung der Batterie.


    Dabei habe ich hier im Forum oder auch woanders immer die Antwort bekommen, dass das ja viel mehr verbraucht als wenn man den EV6 an der Wallbox oder AC-Lader laden würde.


    Als ich die Verbrauchzahlen des Winters und die wenigen (ca. 12% AC-Ladungen) mit den 88% DC-Ladungen verglichen habe, habe ich eine große Überraschung erlebt.


    Die Voraussetzungen:

    Die Vorkonditionierung des EV6 hat eine Heizleistung von 4,5-5kW. Damit wird die Zelltemperatur ca. alle 3 Minuten um 1 Grad in der kältesten Zelle erwärmt. Ziel der Vorkonditionierung ist eine Zelltemperatur von 21 Grad, ist sie erreicht, schaltet sie sich ab (die anderen Rahmenbedingungen lasse ich mal bewusst außen vor.).

    Wenn wir davon ausgehen, dass die Batterie eine Temperatur von 1 Grad hat dauert es somit 60 Minuten bis 21 Grad erreicht sind.

    In dieser Zeit verbraucht die Vorkonditionierung somit ca. 4,75kWh.

    Beim AC-Laden wird die Batterie nicht vorkonditioniert, auch die 1 Grad warme Batterie wird einfach mit 11kW geladen und auch während des Ladevorganges nicht aufgeheizt.


    Auf den ersten Blick ist es klar, dass AC-Laden weniger Energie verbraucht, die meisten würden von einer Einsparung von 4,75kWh ausgehen.

    Doch wenn man die Ladevorgänge auf den zweiten und dritten Blick vergleicht kommt die Überraschung.


    1. Sobald ich am HPC-Lader lade wird die Batterie auf mehr als 25 Grad aufgeheizt.

    D.h. unabhängig davon ob ich auf der Anfahrt vorkonditioniert habe oder nicht, die Heizung springt an, wenn die Zelltemperatur zu gering ist.

    Aus der Praxis würde ich schätzen, dass ich etwas weniger Energie für die Aufheizung beim Ladevorgang verbrauche als bei der Vorkonditionierung während der Anfahrt, weil die Heizleistung auch noch über den Innenwiderstand der Batterie bei der Aufladung unterstützt wird. Wie groß die Werte sind, kann ich aus der Praxis nicht sagen, weil dafür einfach zu viele Einflussfaktoren vorhanden sind. Ich habe aber durchaus schon mal 30 Minuten länger für den gleichen Ladehub am HPC-Lader gestanden als mit einer vorgewärmten Batterie und dabei die ganze Zeit die Batterieheizung angehabt. Sprich in diesem Fall würde somit mehr als 50% der Heizenergie im Vergleich zum Vorkonditionieren und Aufheizen während de Ladevorgangs gespart worden sein.


    2. Der Ladeverlust liegt beim DC-Laden zwischen 1%-3% (bereinigt um die Heizenergie beim Aufladen), beim AC-Laden hatte ich durchschnittlich 15%.


    Wenn ich den üblichen Ladehub von 10%-80% SOC nehme, komme ich auf 54,18kWh bei 70% Ladehub von 77,4kWh Nettokapazität, rechne ich die 73,2kWh die zwischen 100%-0% SOC nutzbar sind und lasse die Reserve unten weg, sind 70% Ladehub 51,24kWh.


    Rechnen wir also mit 51,24kWh als Ladehub der 10%-80% SOC Ladung.


    AC-Ladung:

    Würde ich diese via AC-Ladung mit 15% Ladeverlust in die Batterie laden, würde ich 58,93kWh aus der Ladestation beziehen.


    HPC-Ladung:

    Bei der HPC-Ladung sieht es wie folgt aus:

    Bei 2% Ladeverlust gibt die Säule 52,27kWh ab.

    Im Maximalfall wurde eine Stunde vorkonditioniert und dabei 4,75kWh Energie verbraucht.

    Somit sind schon mal 57,02kWh zusammen gekommen.


    Nun ist die Frage, wie viel Heizenergie könnte noch während des Ladevorganges aus der Säule gezogen worden sein?


    Ich habe hier nur ein konkretes Beispiel da ich nicht immer von 10-80% im Winter geladen und das auch nicht immer dokumentiert habe.

    Auf dem Foto sieht man das 57,62kWh von der Säule für die Ladung von 10-80% abgegeben wurde, inklusive Ladeverluste und inkl. Energieaufwand für die Heizung während des Ladevorgangs aber ohne Energie für die Vorkonditionierung bei der Anfahrt.

    Energieabgabe von der Ladesäule = 57,62kWh

    Im Maximalfall wurde eine Stunde vorkonditioniert und dabei 4,75kWh Energie verbraucht.

    (Im Beispiel waren es eigentlich nur ein paar Minuten, da das die 2. Ladung an diesem Tag und die Batterie gut durch die 1. Ladung und Autobahnfahrt mit 180km/h per Tempomat vorgewärmt war.)

    Ergebnis 62,37kWh


    IMG_5162.jpg


    Foto: Ladung am 300kWh Lader von 10-80% = 57,62kWh laut Ladesäule inkl. der zusätzlichen Heizenergie, da die Ladung mit 22 Grad in der kältesten Zelle und bei knapp über 0 Grad Außentemperatur vorgenommen worden ist



    Fazit:

    Im Extremfall von einer Vorkonditionierung über 1 Stunde verbraucht das HPC-Laden für 70% Ladehub mit 62,37kWh 3,44kWh und 5,8% mehr Energie als beim AC-Laden.

    Sobald aufgrund einer höheren Batterietemperatur, die z.B. aufgrund der Außentemperatur, der Restwärme von vorangegangenen Ladungen auf der Langstrecke oder auch einfach aufgrund von hohen Autobahngeschwindigkeiten / Hängerbetrieb entstanden ist, die Zeit der Vorkonditionierung weniger als 16 Minuten beträgt und oder die Batterie weniger während des HPC-Ladevorganges geheizt wird, ist das HPC-Laden weniger energieaufwändig als das AC-Laden.


    Vor allem bei Temperaturen oberhalb von 15 Grad macht HPC-Laden, wenn man möglichst wenig Energie beim Laden verlieren will, mehr Sinn als AC-Laden.


    Wie sind eure Erfahrungen?

    Sind meine Erkenntnisse schlüssig oder habe ich einen Fehler drin?


    Ich war auf jeden Fall sehr überrascht, dass das HPC-Laden inkl. Vorkonditionieren nicht automatisch mehr Energie verbraucht als die Ladung an der heimischen Wallbox.


    Viele Grüße


    Dirk

    Kia EV6 AWD 77,4kWh, Stahlgrau, Wärmepumpe seit 22.10.22

    => 51.000km Laufleistung, 357 Ladungen >280 x HPC, 13.065kWh (82% DC 18% AC) geladen (Stand 08.08.2024)

    Tesla Model S75 6/2017 - 11/2022 146.000km Laufleistung

    Smart ED 451 01/2020 - 09/2022 25.000km Laufleistung

    BMW i3 94Ah 04/2017-03/2019 30.000km Laufleistung

  • Finde ich eine sehr interessante Darstellung von AC vs DC Laden. Ich hab nur eine Frage, wie kommst du auf die pauschalen Ladeverluste von 15% beim AC Laden? Dies hat sich mir nicht ganz erschlossen?

  • In der Tat eine sehr interessante Feststellung. Meine „normalen“ Physik-Schulkenntnisse passen übrigens in dieses Schema. Am HPC wird eine Spannung von 800V verwendet, wo der Verlust geringer als bei niedrigeren Spannungen. Aus diesem Grund wird ja bei langen Überlandleitungen die Spannung ja auch hochtransformiert, um Leitungsquerschnitte und Verluste zu verringern.

    Bei der DC-Ladung hast Du auch den Vorteil, dass keine Transformation zwischen AC und DC nötig ist.


    Die Frage ist nur, ob da nicht an der falschen Stelle gespart wird? Ich denke schon, dass HPC-Laden für den Akku wesentlich schädlicher ist als das langsame AC-Laden an der heimischen Wallbox.


    Wenn ich zudem bedenke, dass mein AC-Strom von der Sonne kommt, sind mir die Verluste nicht so relevant. In Bezug auf Effizienz ist das Laden mit Sonnenstrom sogar der Supergau, weil der Strom von DC auf AC gewandelt wird und dann wieder von AC auf DC.


    Ich glaube, am Ende des Tages ist es wichtig, dass es für möglichst jeden von uns einen guten Weg gibt, auf die Elektromobilität umzusteigen.

    ————————————————————-

    Kia EV6, 77kWh, Heckantrieb, 169kW, 229PS

    GT-Line, AHK, Auroraschwarz Metallic

    bestellt: November 2022, erwartet November 2023, angeliefert beim Händler: 19.09.2023, warte darauf, dass der KFZ-Brief beim Händler eintrifft und er angemeldet wird

    —————————————————-———

  • Ganz ohne pauschal 15% bei AC als Ladeverluste zu nehmen, komm ich auf 10,8% Verluste bei den letzten 7 Ladungen (11 kW).

    Kia EV6 Allrad Gt-line wp assist plus, Sound Paket, 20 zoll, Schwarz metallic

  • Es werden eher zwischen 5-10% sein, solange man AC mit 11 kW lädt, und damit fällt der Vergleich wahrscheinlich unter allen Umständen immer pro AC aus:


    viele Annahmen: https://insideevs.de/news/5374…adeleistung-schnellladen/

    ohne EV6: https://www.adac.de/rund-ums-f…luste-elektroauto-studie/

    bei der Technik nahezu baugleichen IONIQ5: https://www.e-mobileo.de/ladeverluste-hyundai-ioniq-5/

    IONIQ5: https://www.motorline.cc/elect…hoch-sind-sie-259615.html



    Aber trotzdem danke an @Storm für die Messungen. Lädst Du AC mit 11 kW oder niedriger? Wie hast Du Deine 15% Ladeverluste ermittelt? Egal welche Quelle ich für den EV6 heranziehe, über 10% hat keiner bei AC mit 11 kW ermittelt.

    Einmal editiert, zuletzt von ev6owner ()

  • Ich finde, allein die ganze Mühe von Storm ist einen Daumen hoch wert 👍


    Ich habe bei AC-Ladung auch noch nie von mehr als 10% Verlusten gehört. Wenn man allerdings den Ladeziegel benutzt, können da auch mal 20% draus werden. Bei AC-Ladungen findet die Wandlung AC -> DC im Fahrzeug statt - bei DC-Ladungen in der Ladesäule. und da die Wandler in beiden Fällen auf hohe Leistungen ausgelegt sind, haben die ein Effizienzproblem bei "Kleinstleistungen" wie 11 kW 😀 Der Ladezeigel selbst dürfte da nochmal eine Schippe drauflegen 😲 Ergo: Je niedriger der Ladestrom und die Ladespannung, desto höher also die Verluste.


    Auch die Unwägbarkeiten bei den Anzeigen ist so eine Sache. Die Anzeigen im Tacho sind auf ganze Zahlen abgerundet - 10% im Tacho angezeigt können also 10,0% oder auch 10.9% sein. Wenn man nun bei 10.0% anklemmt und bis 80.9% lädt, sind das knappe 2kWh mehr, als würde man von 10.9% bis 80.0% laden - aber auf dem Tacho und bei den meisten Ladesäulen sieht es gleich aus.

    Zuvor: Kia Niro PHEV, mit allem, Auroraschwarz

    KIA EV6 77,4kwh, RWD, GT-Line, P5, P6, WP, Runway Rot metallic

    bestellt 14.02.22, produziert 08.02.22, Lieferzeit ca. 8 Monate,

    Ankunft BHV 02.04.22; Abhholung 02.05.22 mit 10km

  • Weniger Ladungsverluste, dafür schädlicher für den Akku. Wenn die Unterschiede dahingehend auch nur marginal sind. :D

  • Das Problem aus meiner Sicht bei der AC Ladung und der Effizienz selbiger ist gar nicht der Wandlungsverlust AC->DC bei 11kW sondern eher... das Auto läuft quasi statt 20 Minuten laden am HPC stattdessen 5 Stunden an der 11kW Wallbox im standby. Und nuckelt dabei gemütlich ... keine Ahnung irgendwas zwischen 200 und 500 Watt? ;)


    Deswegen sage ich ja auch immer nicht "Ladeverlust" sondern "Standby Verbrauch".

  • webster

    nein, du brauchst diverse aktive Steuergeräte, das 12V System muss scharf sein damit das Hochvolt System aktiv sein kann damit du überhaupt was in den Akku bekommst, der Tacho ist an und zeigt den Ladestand an etc... vermutlich wird auch das Infotainment an sein, damit das Modem an ist, damit du über die App infos zum Ladestand kriegst oder Benachrichtigungen ala "90% erreicht in 20 MInuten" oder so.